Der vermutliche Ablauf der Varusschlacht

Der hier dargestellte Ablauf der Varusschlacht beruht auf den Indizien und Beweisen welche in den vorangegangenen Kapiteln herausgestellt wurden. Trotzdem handelt es sich hierbei um eine fundierte Spekulation, die letztendlich erst durch einwandfreie archäologische Ergebnisse bestätigt werden kann.

Gründe für den Aufstand

Der Hinterhalt

Der Ort des Hinterhaltes

Der Verlauf der Clades Variana

Zusammenfassung

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 Der Verlauf der Varusschlacht

Zug des Varus
Rote Linie = Zugrichtung der drei Varuslegionen aus Anreppen, Haltern und Vetera durch den Achterhoek
Gelbe Linie = Zugrichtung der zwei Asprenaslegionen zur Hooge Veluwe
Blaue Linie = Zugrichtung des Germanischen Heeres in den Achterhoek

Gründe für den Aufstand

Warum sich dieser Aufstand entwickelte der für die Römer in einer Katastrophe endete, ist wohl in erster Linie im Verhalten der Besatzer zu suchen. Durch überhebliches Vorgehen gegen die Germanen (Vell.Hist.117/3, Cass.56.18, Flor.Ep.30) versuchten die Römer ihre vermeintlich überlegene Kultur den Germanen aufzudiktieren. Die einheimischen Riten und die Art der germanischen Rechtsprechung ersetzte Varus durch römische Gesetze und Verordnungen die dem Weltbild der Germanen zutiefst widersprachen. Dazu kamen sicherlich auch hohe Steuern und Tributzahlungen, die die feindliche Gesinnung der Germanen hervorrief oder  noch zusätzlich verstärkte. Bei der allgemeinen Unzufriedenheit in den von Rom kontrollierten Territorien fehlte nur noch jemand der die Lunte ansteckt, die das Pulverfass Germanien zum Explodieren bringt.

Als Arminius aus römischen Gebieten zurück in seine Heimat kam, hatte er wahrscheinlich noch keine allzu umfassende Anhängerschaft und kaum bedeutenden Einfluss auf die Germanenvölker. Dazu war er mit seinen 25 Lebensjahren noch zu jung und gleichzeitig auch zu lange aus seiner Heimat abwesend. Man kann sich aber vorstellen, dass er einen gewissen Eindruck als weitgereister und erfahrener Kämpfer auf seine Stammesgenossen machte, deren letzte große kriegerische Auseinandersetzung schon Jahre zurücklag. Zudem war er sicherlich auch eine außerordentliche Persönlichkeit, die eine besondere Ausstrahlung besaß. Gleichzeitig war es ihm durch seine Kenntnis der römischen Bräuche und der lateinischen Sprache möglich, bei Varus ein gewisses Ansehen zu erreichen und sich als germanische Vertrauensperson anzubieten. Mit seinem wachen Verstand erkannte er, dass sich das Augenmerk des Kaisers Augustus, wenn der Krieg auf dem Balkan zu Gunsten Roms beendet sein würde, wieder verstärkt Germanien zuwenden würde. Arminius war schließlich in der Lage die römischen Unterhaltungen zu verstehen und sich gleichzeitig an den Gesprächen zu beteiligen. So erkannte er die politischen Absichten der Römer, und wusste durch seine Anwesenheit bei der römischen Armee, wie Rom seinen Willen durchsetzte. Dabei hat er sicher auch die tiefe Abneigung des Varus und der römischen Besatzer, gegenüber den germanischen Sitten und Gebräuchen bemerkt. Arminius war gewiss ein Idealist dem das verschwinden der eigenen Kultur und der Verlust germanischer Identität zuwider war. Dieses schien sich endgültig abzuzeichnen, wenn die Römer ihren Machtbereich weiter in Germanien ausdehnen sollten.

 Varusschlacht Acterhoek

Zug des Varus in den Achterhoek

Grüne Linie =  Mutmaßliche geplante Zugrichtung des Varusheeres
Blaue Pfeile = Mutmaßliche germanische Angriffsspitzen
Rote Linien = Absatzbewegungen des geschlagenen Varusheeres Richtung Rhein und nach Aliso
Schwarzer Punkt = Fundstelle der römischen Handmühle

Denkbar ist es, dass unter den Germanen bei einer religiösen Thinkfeier, die in regelmäßigen zeitlichen Abständen an heiligen Stätten der Germanen  abgehalten wurde, der Aufstandsplan geschmiedet wurde. Da hier normalerweise viele Germanenkrieger aus verschiedenen Stämmen anwesend waren, konnte Arminius hier auch wahrscheinlich einen großen Teil seiner Gefolgsleute rekrutieren. Hier mögen gleich gesinnte Germanen ihre tiefe Unzufriedenheit über die Art der römischen Herrschaft geäußert haben. Sein Aufstandsplan fiel sicherlich bei vielen Kriegern auf fruchtbaren Boden und erntete begeisterten Zuspruch. So rekrutierte sich der überwiegende Teil seiner Gefolgsleute vermutlich aus den jungen Kriegern der Cherusker, der Brukterer und Marser, sowie die Reste der Sugambrer und Usipeter, die von den römischen Herrschaftsansprüchen am stärksten tangiert wurden und daher nicht mehr viel zu verlieren hatten.

Andererseits scheinen sich auch viele Cherusker mit den Römern arrangiert zu haben, und waren nicht gewillt sich gegen ihre Besatzer zu erheben. Denn das Beispiel des cheruskischen Stammesoberhauptes Segestes, der Varus vor diesem Feldzug warnte und damit den geplanten Hinterhalt des Arminius verriet (Vell.Hist.118/4, Tac.Ann.I/57, Cass.56.18) zeigt dass die römische Lebensart auch für einige Germanen durchaus auch seine Vorteile hatte. Auch Igumerus, ein einflussreicher Cheruskerfürst, schlug sich erst auf die Seite von Arminius als sechs Jahre später Germanicus seine Germanienfeldzüge begann (Tac.Ann.I/60) und lässt gleichfalls erkennen, dass dieser Aufstandsplan nicht bei allen Germanen Zuspruch erlangte.

Karte Achterhoek

Karte des niederländischen Achterhoek

Doch trotz aller Begeisterung für die Auflehnung handelte es sich bei seinen Kämpfern zum größten Teil, nur um eine Horde schlecht bewaffneter Bauernkrieger, von denen nur wenige in römischen Diensten bei Hilfstruppeneinheiten, auf anderen Kriegsschauplätzen im römischen Reich militärische Erfahrung gesammelt hatten, und die gleichzeitig auch in der taktischen Kriegsführung ausgebildet waren. Die überwiegende Mehrheit seiner Armee hatte ihre kämpferische Erfahrung allenfalls in früheren Jahren bei Scharmützeln gegen die Römer gesammelt, die fast ausnahmslos in klaren Niederlagen für die Germanen endeten. Oder sie hatten an kleineren Stammeskriegen untereinander teilgenommen, die aber bei weitem nicht die Erfahrung für die Germanenkrieger brachte, die man bräuchte, um die kampferprobten römischen Legionäre erfolgreich offen herauszufordern. Auch konnte Arminius mit seinem Heer kein Manöver abhalten, durch das er seine Soldaten auf eine Schlacht mit großen Menschenmassen, und gleichzeitigen taktischen Varianten vorbereiten konnte. Diese Tätigkeiten wären den römischen Besatzern nicht verborgen geblieben, und hätten ihr stärkstes Misstrauen erregt.

Diesem germanischen Truppenzustand stand die hochgerüstete und kriegserprobte Kampfmaschinerie der Römer gegenüber, die dem Heer des Arminius in fast allen militärischen Belangen klar überlegen war. Obwohl sein Heer durch die in Aussicht gestellte Freiheit vom römischen Joch, hoch motiviert der Konfrontation entgegenfieberte, wusste Arminius sicherlich, dass er Varus nicht so ohne weiteres die Stirn bieten konnte. Denn in einem solchen Gefecht konnten die verschiedenen römischen Truppenteile, der Reiter, der Schleuderer, der Bogenschützen und der gepanzerten Legionäre ihre Stärken entfalten, und sich gegenseitig im Kampf unterstützen. In einer derartigen Feldschlacht sind schon vorher viele andere germanische Heere von den Römern vernichtend geschlagen worden, und auch für diesen Kampf rechnete sich Arminius mit dieser Taktik keine Chance aus.

Der Weg des Varus Teil 1

Varusweg Teil 1

Auch schied ein Angriff auf die palisadenumwehrten und gut besetzten Standlager aus, denn die Germanen verstanden sich nicht auf die Kunst des Belagerns (Cass.56,20,3). Außerdem hätte er durch solches Handeln den Römern Zeit verschafft und ihnen dabei Gelegenheit zu einem konzentrierten Vergeltungsschlag gegeben, sowie auch gleichzeitig eine Gegenreaktion der bündnistreuen Germanen gegen ihn heraufbeschworen. Da Arminius wusste wie die feindliche Kriegsmaschinerie wirkte, er hatte ja an der Seite der Römer gekämpft und ihre vernichtende Wirkung auf ihre Gegner kennen gelernt, musste er eine Taktik wählen die der Kampfweise des Gegners widersprach. Zudem war Arminius sicher nicht in der Lage eine Truppenstärke aufzubieten, welche die Römer auf normalem Terrain in Bedrängnis bringen konnten. Es blieb Arminius nichts anderes übrig als sich für diesen Angriff ein Gelände auszuwählen und eine Kampftaktik zurechtzulegen, welches den vermeintlichen Vorteil der Römer ins Gegenteil verkehrte.

Der Hinterhalt

Arminius konnte mit seinen Angriffsbemühungen nur Erfolg haben, wenn es ihm gelang die Römer in einem unmittelbaren und überraschenden Schlag zu attackieren, um in diesem ersten Überfall eine Vorentscheidung herbeizuführen. Denn hatten die Römer nach diesem ersten Überraschungsschlag genügend Zeit und Raum, und zusätzlich noch genügend Kampfkraft um sich abwehrbereit zu formieren, dann stand Arminius eine Armee gegenüber. die seinem Heer in allen Belangen hoch überlegen war. Außerdem konnte er nur die einzige Angriffstaktik anwenden die seine Kämpfer beherrschten: Der bloße Ansturm auf den Gegner und der anschließende Kampf Mann gegen Mann. Gleichzeitig konnte er diese Taktik nur erfolgreich anwenden, wenn das römische Heer den Germanen die Achillesferse, ihre lang gestreckte Marschkolonne, zeigte. Aber selbst diese bot ihm bei normalem Gelände nur in einem ersten überraschenden Moment einer Attacke ein leichtes Angriffsziel. Deswegen mussten sich die Römer zusätzlich in einem Gelände bewegen, welches ihnen keine Möglichkeit zur Entfaltung ihrer überlegenen Kriegsmaschinerie bot. (als Vergleich: Tac.Ann.I 49). 

Der Weg des Varus Teil 2

Varusweg Teil 2

Dabei war es von entscheidender Wichtigkeit dass er mit seinen Kriegern unbemerkt in die Nähe des römischen Heeres gelangen musste, um dann überraschend an strategisch günstigen Stellen Attacken vorzutragen und um sich anschließend genau so überraschend in unübersichtliches Terrain zurückzuziehen, um den Römern nicht die Gelegenheit zu geben, ihnen nachzusetzen und sie gleichfalls zu attackieren. Durch diese permanente Zermürbungstaktik würde den römischen Legionären durch dieses flexible Vorgehen keine Gelegenheit zur einer koordinierten Gegenwehr gegeben.

Diesen Hinterhalt den er ausarbeitete als Verrat, Hinterlist oder Niedertracht zu werten, wie es einige römische Autoren im Nachhinein gemacht haben (Strabo 7/1.4, Vell.Hist.119.2) ist müßig, denn im Krieg heiligt der Zweck die Mittel. Die Römer waren ihrerseits in ihrer langen Geschichte auch nie ein Inbegriff der kämpferischen Fairness, und es war im Gegenteil Ruhmvoll für einen römischen Heerführer, wenn er einen Gegner listenreich und durch minimale eigene Verluste niederringen konnte. Als ein Beispiel können die Umstände dienen, die sich im Vorfeld der Sugambrerdeportation ereignet haben, als Tiberius die Führer dieses Germanenstammes entgegen der Parlamentärsregeln festsetzte und sich damit einen entscheidenden Vorteil verschaffte (Cass.55.6.1).

Varusweg Teil 3

Varusweg Teil 3

Der Ort des Hinterhaltes

Der niederländische Achterhoek ist durch Auslegung der historischen Quellen für einen Varusschlachtort wahrscheinlich und bot für diesen Hinterhalt ideale Vorrausetzungen, denn er war damals nur über einen etwa 10 Kilometer langen und an vielen Stellen bis zu 50 Meter  schmalen Höhenrücken für ein großes Heer zu durchqueren. Dieser lang gezogene Geländerücken (ca. 20 Meter über N.N.) ragt etwa 2-3 Meter aus der umliegenden Landschaft heraus (ca.17-18 Meter über N.N.) Die umliegende Umgebung dagegen war bis vor wenigen Jahrhunderten ein durchgehend sumpfiges Gelände, welches nur Menschen mit genauer Ortskenntnis betreten konnten und für einen unkundigen Legionär, zumal mit seiner schweren Ausrüstung und Waffen bepackt, schier grundlos und damit fast undurchdringlich war. Für die Germanen jedoch boten sich hier ideale Bedingungen für einen Kampf. Leichtbewaffnet und ortskundig konnten sich die germanischen Verbände durch dieses Gelände vorwärts bewegen und beliebige Stellen erreichen.

Der Weg des Varus Historisch Teil 1

Varusweg in historischer Ansicht Teil 1

Arminius brauchte nur den römischen Statthalter Varus dazu veranlassen, diesen Weg mit seinem Heer zu einem vermeintlichen Krisengebiet in der Hooge Veluwe zu benutzen. Die Hoge Veluwe war in frühgeschichtlicher Zeit ein Landstrich der gleich einer Insel aus einer sumpfigen Umgebung herausragte. Ein erster Versuch dieses Gebiet unter römische Kontrolle zu bekommen unternahm schon der römische Feldherr Drusus in der Anfangszeit der Germanenkriege. Doch ein durchschlagender Erfolg war ihm augenscheinlich nicht möglich, weil es die Germanen verstanden, sich beim heranrücken der Legionen durch Rückzug in unzugängliche Gegenden der Konfrontation zu entziehen (Cass.54.32.2). Wenn jedoch verschiedene Angriffsspitzen von allen Seiten in die Hooge Veluwe eindringen würden war es militärstrategisch endlich möglich dieses Gebiet von den Aufständischen Germanen zu bereinigen und damit den Unruheherd dauerhaft zu beseitigen.

Damit Varus diese Angriffstaktik wählte sollten sich  nach Anweisung von Arminius, die Sugambrer in ihrem Restterritorium in der Hooge Veluwe verstärkt gegen die Römer auflehnen und und von dort deren Einrichtungen attackieren (Cass.56.18.5). So war für den römischen Statthalter der Anlass gegeben, gegen die Sugambrer als den aufsässigen Germanenstamm vorzugehen. Varus wusste wie Arminius auch, dass der Krieg in Dalmatien und Pannonien zugunsten der Römer entschieden war (Vell Hist.117/1, Cass.56.18.1). Da er sicherlich ein Machtmensch war und auf der Karriereleiter weiter aufsteigen wollte, musste er nun seinerseits in Germanien Erfolge aufweisen. Denn durch den Sieg über die pannonischen und dalmatischen Völker würde Augustus auch wieder seine Expansion ins östliche Germanien fortsetzen. Da würde ein offen hervorbrechender Aufstand in seinem Verwaltungsgebiet den römischen Statthalter in ein schlechtes Bild stellen. So war es für Varus das vorrangige Ziel den Unruheherd im Achterhoek und der Hogen Veluwe endgültig zu bereinigen, um so in Rom als fähiger Statthalter, der in schwierigen Situationen die Oberhand behält, angesehen zu werden.

Der Weg des Varus Historisch Teil 1

Varusweg in historischer Ansicht Teil 2

Der Plan den Varus verfolgte, vermutlich angeregt und mit ausgearbeitet von Arminius um die aufständigen Sugambrer endgültig niederzuwerfen, könnte so wie hier dargestellt abgelaufen sein: Sein Legat und Neffe Asprenas bekam die Aufgabe zugeteilt, mit zwei Legionen von Nimwegen aus über den Rhein zu setzen, um dann von Westen kommend in die Hooge Veluwe einzumarschieren (Vell.Hist.120/3). Arminius sollte mit seinen beweglichen germanischen Einheiten von der Ems aus dem Osten dieses Gebiet erreichen. Gleichzeitig würde Varus selbst seine drei Legionen mit den zugehörigen Hilfstruppen, die in Vetera, Haltern und Delbrück-Anreppen stationiert waren, über Raesfeld und Vardingholt durch den Niederländischen Achterhoek vorantreiben, um dann die Hoge Veluwe, von südlicher Richtung kommend erreichen zu können. Durch diese drei Armeen, die von drei verschiedenen Richtungen in das Territorium der Sugambrer eingezogen wären, müsste es jetzt endlich möglich sein, diesen permanent aufsässigen germanischen Stamm endgültig zu besiegen. Für die Sugambrer gäbe es bei dieser Konstellation keine Möglichkeit mehr, sich irgendwohin zurückzuziehen so wie es bei früheren Gelegenheiten der Fall war. Und bei diesem massiven Truppenaufgebot wäre eine Vernichtung dieses Germanenstammes unausweichlich.

Im Grunde war dieses Vorgehen aus der Sicht von Varus nur eine relativ kleine militärische Aktion, wie sie auf Seiten der Römer in ähnlicher Weise schon oftmals erfolgreich praktiziert wurde. Durch diese offensichtliche Überlegenheit wurde Varus leichtsinnig. Er glaubte ja, dass er nur einen begrenzten Aufstand niederschlagen muss und wagte mit seinen Truppen die Durchquerung des unsicheren Geländes im Achterhoek. Auch die offensichtliche Nähe zum Rhein machte Varus und die römische Führung leichtsinnig. Arminius und sein Heer zogen aus östlicher Richtung kommend, auf Pfaden die nur Eingeweihten zugänglich waren, bis zu dem Weg den Varus mit seinen Legionen zwangsläufig entlangzog. Der schmale passierbare Flugsandrücken der sich durch das seinerzeit morastige Gebiet des Achterhoeks zieht, und den die Römer als Anmarschweg in die Hooge Veluwe benutzen mussten, war das ideale Gelände um die Römer zu attackieren. Verborgen in den ausgedehnten Sumpfgebieten, zu denen die römischen Späher keinen Zugang hatten, konnten sie in Ruhe Varus und sein Heer erwarten ohne in die Gefahr zu geraten entdeckt zu werden.

Der Weg des Varus Historisch Teil 1

Varusweg in historischer Ansicht Teil 3

Der Verlauf der Clades Variana

Varus steckte vermutlich sein erstes Marschlager am Ende des etwa 7 Kilometer langen Rominendijks, bei Varsseveld in der Gegend des Tanzlokals „de Radstarke“ ab. Ab diesem Zeitpunkt haben die Germanen, die wahrscheinlich bei Harreveld die Römer erwarteten, schon den Rückzugsweg der Römer bei der Gaststätte Rominendaal, unbeachtet von der römischen Nachhut blockiert. Am nächsten Tag brach das römische Heer auf, um über einen etwa 10 Kilometer langen und und an vielen Stellen weniger als 50 Meter schmalen Flugsandrücken in Richtung Zelhem zu marschieren. Dieser langgezogene Sandrücken erlaubte den drei Legionen nur einen Vormarsch in enger und lang gezogener Aufstellung, ohne eine Gelegenheit sich in einer abwehrbereiten Schlachtformation zu positionieren, denn nach einem ersten Angriff wären die Römer vorgewarnt gewesen und hätten die weitere Fortbewegung in einem normalem Gelände derartig gestaltet, dass eine koordinierte Gegenwehr möglich war (als Vergleich: Tac.Ann.I/49). Doch auf diesem schmalen Höhenrücken, der zu seinen beiden Seiten durchgehend versumpftes Gelände bot, hatten die Römer keine andere Wahl als in einer lang gezogenen Formation, ohne Flankenschutz zu marschieren. Hier konnten die Germanen die ersten vorentscheidenden Attacken vortragen, denn hier bot sich dem Heer des Arminius die Schwachstelle des römischen Heeres, die ungeschützte Marschformation die gleich wie auf einem Präsentierteller hier entlang ziehen musste.

Der Weg des Varus Historisch Teil 1

Varusweg in historischer Ansicht Teil 4

Es sind oftmals Berechnungen aufgestellt worden, welche Truppenstärke das germanische Heer hatte, dass sich den Varuslegionen entgegenstellte. In günstigsten Aufstellungen wird von einem den Römern ebenbürtiges Aufgebot gesprochen, oftmals wird aber das germanische Heer als zahlenmäßig weit überlegen beschrieben. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass die Germanen in der Lage waren die Römer mit einer weit geringeren Truppenmacht zu schlagen als größtenteils angenommen. Denn bei dieser gewählten Kampftaktik an diesem Ort war es nicht erforderlich den Römern ein großes Heer entgegenzustellen. Es genügte nur an gewissen für einen Überraschungsangriff geeigneten Orten, eine größere Anzahl von Kriegern zu konzentrieren, um mit ihnen die Marschkolonne der Römer in Unruhe zu versetzen oder sie sogar zu durchbrechen.

Behindert durch die schwere Ausrüstung und benachteiligt durch ihre durchweg geringere Körpergröße, waren die Römer nicht in der Lage den Angreifern, nach einer in Guerillamanier vorgetragenen Attacke, nachzusetzen. Denn die Legionäre drohten in dem unübersichtlichen sumpfigen Gelände entweder stecken zu bleiben, oder gar zu versinken. Die Germanen jedoch besaßen in diesem Gebiet eine gute Ortskenntnis und waren durch ihre leichte Bewaffnung viel beweglicher als die römischen Soldaten. Sie konnten sich unbehelligt der Marschkolonne nähern und beliebig einen massiven Überraschungsangriff gegen die Legionäre vortragen, dort wo sie gerade am verwundbarsten waren, um sich danach wieder in dem für die Römer unzugänglichen Gelände zurückzuziehen. Eine kurze Beschreibung dieser widrigen Umstände gab uns Velleius Paterculus mit dieser Textstelle: (Vell.Hist.119/1). Wie dieser Kampf im genauen ausgesehen haben könnte, beschreibt Tacitus eindrucksvoll in seiner Darstellung der Schlacht an den Langen Brücken, wo Caecina den Angriff der Germanen nur mit Mühe abwehren konnte: (Tac.Ann.I 64).

Der Ort der Varusschlacht

Ein Teil des Flugsandhöhenrückens bei Heelweg

Es ist gut Vorstellbar welches Chaos diese Kampftaktik bei den römischen Legionären auslöste, die nicht wussten von woher sich der Feind bei seiner nächsten Attacke zeigen würde. Die ersten germanischen Angriffe galten vermutlich dem Ende der Marschkolonne, um die Römer von einem Rückweg abzuschneiden und sie gleichzeitig dazu veranlassen immer weiter auf diesem Höhenrücken entlang und immer tiefer in den Achterhoek hineinzuziehen. Zugleich boten die ersten Angriffe für Varus den Anlass, weiter in Richtung Hooge Veluwe zu ziehen, denn dort konnte er die rettende Vereinigung mit den Legionen des Asprenas erwarten.

Im späteren Verlauf der Schlacht zielten die germanischen Angriffe wahrscheinlich auf die Versorgungseinheiten oder schlechter geschützte Teile der römischen Armee, in der Mitte der Marschtruppe. Dadurch wurde die Marschformation aufgesprengt und auseinander gerissen. Bevor sich die römischen Legionäre auf der schmalen Trasse für einen geordneten Abwehrkampf einigermaßen formieren konnten zogen sich die Germanen wieder in den Sumpf zurück, um dann an einer anderen Stelle der Kolonne zuzuschlagen. Hals über Kopf flüchtende Römer brachten auf dem schmalen Marschweg die Wehrbereiten in Unordnung, so dass es für die römischen Befehlshaber unmöglich wurde, eine koordinierte Gegenwehr zu organisieren.

Google Ansicht Varusschlacht

Den Fehler den Varus vermutlich zu diesem Zeitpunkt machte, und was von den über diese Abläufe berichtenden Autor als Unschlüssigkeit und mangelnde Indolenz ausgelegt wurde (Vell.119/2), ist das Festhalten an seinem Vorhaben die Hooge Veluwe zu erreichen. Hätte er schon frühzeitig und unnachgiebig versucht mit seinem Heer die Abriegelung der Germanen nach hinten zu durchbrechen und zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren, so wäre der Verlust bei seinen Legionen bei weitem nicht so vernichtend gewesen. Stattdessen zog er, nachdem die Engstelle des Flugsandrückens unter großen Verlusten durchquert war, immer tiefer in den von dichtem Bruchwald bewachsenen und größtenteils staunassen Achterhoek hinein, und setzte sein Heer in dem unübersichtlichen und sumpfigen Gelände weiterhin den überraschenden Attacken der Germanen aus. Das Ende dieser Vernichtungsschlacht hätte sich demnach in dem Gebiet zwischen Warnsveld, Doetinchem und Zelhem zugetragen. In dieser verfahrenen Situation befand sich die Varusarmee schon in der Auflösung, und verschiedene Truppenteile versuchten sich auf eigene Faust in Sicherheit zu bringen. So versuchte der Reiterpräfekt Numerus Vala, mit seinem Reiterheer, den nur etwa 20 Kilometer Luftlinie weit entfernten Rhein zu erreichen (Vell.119/4). Aber nach der mehrdeutigen Aussage von Velleius Paterculus erreichte er vermutlich sein Ziel nicht, sondern fiel mit seiner Abteilung auch den germanischen Angriffen zum Opfer.

Google Ansicht Varusschlacht 2

Ein anderer großer Teil des Varusheeres hat eventuell versucht, durch Rückzug über den Anmarschweg auf dem Sandrücken, zum ersten Varuslager, bei Varsseveld, sein Heil zu suchen. So kann die Aussage von Tacitus gedeutet werden, der davon berichtet, dass die zusammengeschmolzenen Reste des römischen Heeres im ersten Lager zusammenkamen und dort erneut lagerten (Tac.Ann.I 61). Ob diese dem Desaster entkommen konnten ist nicht zu klären. Andere Truppenteile mögen über eine rheinnähere Route versucht haben sich zu retten. Obwohl der überwiegende Teil der Varuslegionen im Laufe der Kampfhandlungen vernichtet wurde, gelang es nach verschiedenen histographischen Aussagen, doch einigen versprengten Römern sich bis zum etwa 30 Kilometer entfernten Römerlager Aliso durchzuschlagen. Während die siegreichen Germanen nach der Varusschlacht alle rechtsrheinischen römischen Stützpunkte eroberten (Vell.Hist.119/4, Cass.56.20) schaffte es die Besatzung von Aliso die germanischen Angriffe auf dieses Lager abzuwehren (Front.2/9,4, Front.3/15,4, Front4/7,8) und sich durch eine anschließende tollkühne Flucht in Sicherheit zu bringen (Vell.Hist.120/4)

Google Ansicht Varusschlacht 3

Zusammenfassung

Nachfolgend muss man resümierend bemerken, dass es nach Abwägung aller angesprochenen Indizien im Gegensatz zu den bisherigen Varusschlachttheorien keinen anderen Aliso- und Varusschlachtkandidaten gibt, der sich dermaßen im Einklang mit der histographischen Überlieferung, mit den Resultaten der archäologischen Forschung, und landschaftlicher sowie militärischer Gegebenheiten befindet, wie diese beschriebenen Gebiete im Isselbruch und im niederländischen Achterhoek. Zudem bieten sich hier schlüssige Lösungen für die Lokalisierung von Örtlichkeiten an, die anderen Varusschlachttheorien versagt sind. So gibt es zudem für den bisher nicht verorteten Drususaltar einen nachvollziehbaren Vorschlag, und auch der bei Paterculus (Vell.Hist.120/2) und Tacitus (Tac.Ann.II/7) angesprochene Limesabschnitt auf der rechten Rheinseite erhält seine logische Lokalisation. Weiterhin gibt diese Theorie eine sinnvoll nachvollziehbare Lokalisation der Schlacht beim Angrivarierwall an.

 

Google Ansicht Varusschlacht

Das bisher noch keine eindeutig aussagekräftigen archäologischen Funde dokumentiert worden sind, ist nur auf den ersten Anschein ein Manko dieser These, denn da für das Gebiet im niederländischen Achterhoek noch keine Sensibilisierung als mutmaßlicher Ort der Varusschlacht stattgefunden hat, sind vermeintliche Funde noch nicht als solche erkannt und dementsprechend eingeordnet worden. Und auch die Tatsache, dass von den vielen ehemaligen Schlachtfeldern zwischen Römern und Germanen die es auf der rechten Rheinseite gegeben haben muss, bisher nur ein einziges zweifelsfrei bei Kalkriese lokalisiert wurde, zeigt die Schwierigkeit auf derartige Örtlichkeiten auf dem sich ein Geschehen nur kurzzeitig abspielte, in der Landschaft aufzuspüren. Diese hier vorliegende Erforschung wird hoffentlich ein Grundstein für nachfolgende präzisere Untersuchungen sein, die dieses bisher ungelöste Rätsel in unserer europäischen Vergangenheit endgültig zur Zeit seines zweitausendsten Jahrestages entschlüsseln werden.

Google Ansicht Varusschlacht

Speziell zur politischen Bedeutung Varusschlacht sei angemerkt, dass dieses Ereignis, welches in der Vergangenheit oftmals als die Gründung der deutschen Einheit gedeutet wurde, in der Realität gar nicht allein nur auf heutigen deutschen Boden ausgefochten worden ist. Somit entfällt alles was bisher an Nationalismus in diese Schlacht hineininterpretiert wurde und bietet nun aber gleichzeitig die Möglichkeit, unverkrampft mit diesem frühgeschichtlichen Ereignis umzugehen und es als das zu sehen was es in Wirklichkeit einmal war: Eine Episode der Geschichte.

 

 

Google Ansicht Varusschlacht 6

Indizien in den Ortsnamen

Der Drususaltar

Die Kampftaktiken

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