Cassius Dio

Romanica Historia

54,20-22 Der schwerste aller damals von den Römern geführten Kriege, deswegen sogar Augustus die Stadt verließ, war der gegen die Kelten. Denn die Sugambrer, Usipeter und Tenkterer hatten zunächst einige von ihnen in ihrem Gebiet angegriffen und gekreuzigt, danach waren sie über den Rhein gegangen, hatten Germanien und Gallien geplündert und die Reiterei der Römer, die gegen sie anrückte in einen Hinterhalt gelockt; Bei der Verfolgung der Fliehenden waren sie unverhofft auf seinen Statthalter M.Lollius getroffen und besiegten auch ihn. Auf diese Nachricht eilte Augustus sogleich herbei, brauchte aber keinen Kampf mehr zu liefern. Die Barbaren zogen nämlich, als sie erfuhren dass Lollius erneut rüstete und Augustus mit einem Heer nahte, in ihr Gebiet zurück, schlossen einen Friedensvertrag und stellten Geiseln.

54,32, 1-3 Als nämlich die Sugambrer und ihre Bundesgenossen, da Augustus abwesend war und die Gallier sich gegen ihre Unterwerfung auflehnten, mit Feindseligkeiten gegen sie anfingen, versicherte er sich zunächst der Untertanen dadurch, dass er ihre Häuptlinge aus Anlass des Festes, das sie noch heute am Altar des Augustus in Lugdunum feiern, zu sich entbot. Den Kelten lauerte er auf, als sie den Rhein überschritten und schlug sie zurück. Darauf drang er in das Land der Usipeter ein, gegenüber der Bataverinsel, durchzog von dort auch das Gebiet der Sugambrer und verheerte weite Teile des Landes. Als er dann rheinabwärts in den Ozean gefahren war, gewann er die Friesen zu Bundesgenossen, und als er über See in das Gebiet der Chauken einfiel, geriet er in eine schwierige Lage, dass seine Schiffe infolge des Rückströmens des Ozeans auf dem Trockenen sitzen blieben. Damals wurde er von den Friesen, die zu Lande an seinem Feldzug teilnahmen, gerettet und kehrte zurück nach Rom, denn es war Winter, wo er – während des Konsulats des Quintus Aelius und Paulus Fabius – zum Stadtpräfektor ernannt wurde, obgleich er bereits die Ehrenzeichen eines Präfektors besaß.

Römische Legionäre

54,33, 1-5 Mit Frühlingsanfang aber brach er wieder zum Kriege auf, überschritt den Rhein und unterwarf die Usipeter, schlug eine Brücke über die Lippe und fiel in das Land der Sugambrer ein, zog hindurch und rückte weiter in das Gebiet der Cherusker bis zur Weser vor. Das war ihm möglich, weil die Sugambrer aus Zorn darüber, dass die Chatten als einzige unter ihren Nachbarn sich nicht hatten mit ihnen verbünden wollen, mit ihrem gesamten Heer gegen sie zu Felde gezogen waren. Und gerade zu diesem günstigen Zeitpunkt war er unbemerkt durch ihr Gebiet gezogen. Er hätte auch die Weser überschritten wenn er genügend Lebensmittel gehabt hätte, und wenn nicht der Winter bevorgestanden hätte; außerdem war in seinem Lager ein Bienenschwarm erschienen. Deswegen rückte er nicht weiter vor. Auf dem Rückmarsch in befreundetes Gebiet geriet er in große Gefahr, denn die Feinde fügten ihm aus dem Hinterhalt schweren Schaden zu; ja, einmal hätten sie ihn, als sie ihn in einem engen Tal eingeschlossen hatten, sogar beinahe vernichtet und seine Streitmacht aufgerieben, wenn sie sie nicht unterschätzt hätten und im glauben, sie seien schon so gut wie gefangen und würden den ersten Schlag erliegen, sich in ungeordneten Haufen auf sie gestürzt hätten. So aber wurden sie geschlagen und hatten seitdem nie mehr den gleichen Kampfesmut, sondern setzten ihnen nur noch aus der Ferne zu, wagten sich aber nicht mehr in ihre Nähe, so dass Drusus, der sich nun seinerseits überlegen fühlte, dort, wo die Lippe und der Elison sich vereinigen, ein Kastell gegen sie errichtete sowie ein anderes im Gebiet der Chatten, unmittelbar am Rhein. Dafür erhielt er die Triumphalinsignien, das Recht, zu Pferde in die Stadt einzuziehen, außerdem nach Ablauf seiner Prätur die prokonsularische Gewalt. Den Titel eines Imperators bekam er zwar, so wie schon früher Tiberius, von den Soldaten beigelegt, aber Augustus erlaubte ihm nicht, diesen zu führen.

54,36,2-4 Gegen sie (die Dalmatier und Darker) wurde Tiberius aus Gallien, wohin er mit Augustus gegangen war, entsandt und brachte sie wieder zum Gehorsam; das Gebiet der Kelten, vor allem der Chatten- denn diese waren auf die Seite der Sugambrer getreten und hatten das Land, dass sie von den Römern zur Ansiedlung erhalten hatten-, wurde von Drusus teils verwüstet, teils unterworfen. Daraufhin kehrten sie mit Augustus nach Rom zurück; dieser war nämlich meistens in der Lugdunensis, um aus der Nähe das Verhalten der Kelten zu beobachten.

Cassius Dio war ein griechischer Historiker der von 164 n. Chr. bis ungefähr 230 n. Chr. lebte, und uns die wichtigsten Daten seines Lebens selbst nennt. Er stammt aus einer griechisch gebildeten und vornehmen Beamtenfamilie. Geprägt von der griechischen Sprache und Kultur seiner Heimatstadt Nikaia in der Provinz Bithynien, folgte er seinem Vater nach Rom und begann dort seine senatorische Karriere. Er hatte die Ämter des Praetor ( 193 n. Chr.) und des Konsuls (204 n. Chr.) inne und war davor wahrscheinlich Statthalter in einer der östlichen Provinzen Roms. In der Zeit von 211 bis 229 n. Chr. hielt er sich zeitweise in Bithynien auf, wo er auch 230 n. Chr. starb. Er war Curator der Städte Pergamon und Smyrna, Proconsul ( 223 n.Chr. ). Er leitete die Provinzen Afrika, Dalmatien und Oberpannonien und wurde 229 n. Chr. wieder Konsul.

Für seine Römische Geschichte, die er 211/212 n. Chr. in 80 Büchern verfasste und die heute nur unvollständig erhalten ist, sammelte er nach eigener Angabe 10 Jahre lang Materialien. Er verfasste seine römische Geschichte als Altersbeschäftigung in griechischer Sprache.

55,1,1-5 Dies war unter dem Kommando des Julius Antonius und des Fabius Maximus geschehen; im folgenden Jahr war Drusus mit Titus Crispinus Konsul, und es wurden ihm ungünstige Vorzeichen zuteil. Ohne darauf irgendwie Rücksicht zu nehmen, fiel er in das Gebiet der Chatten ein und drang bis in das Suebenland vor, aber nur unter Mühen unterwarf er, was ihm in den Weg kam, und jeden Sieg über seine Gegner musste er mit Blut erkaufen. Von dort ging er in das Gebiet der Cherusker setzte über die Weser und rückte, alles verwüstend, bis zur Elbe vor. Auch diesen Fluss- er entspringt im vandalischen Gebirge und ergießt sich in großer Breite in den nördlichen Ozean- versuchte er zu überqueren, vermöchte es aber nicht, sondern ließ nur Siegeszeichen errichten und trat dann den Rückzug an. Denn eine Frau von übermenschlicher Größe war ihm mit den Worten entgegengetreten: “Wohin treibt es dich unersättlicher Drusus? Nicht alles hier ist die vom Schicksal zu sehen vergönnt. Kehre um! Denn schon sehr nahe ist das Ende deiner Taten und deines Lebens.“ Verwunderlich ist es zwar, dass jemand eine derartige Rede von einer Göttin zu hören bekam, ich möchte es aber dennoch nicht für Unglaubwürdig halten, denn sie ging sofort in Erfüllung. Drusus kehrte eilig um, wurde unterwegs krank und starb, bevor er den Rhein erreicht hatte.

55, 2 "Der Leichnam (des Drusus) wurde durch Ritter zum Marsfeld gebracht, solchen die zum Ritterstand gehörten und solchen aus senatorischer Familie. Dann wurde er den Flammen übergeben und die Asche im Grab des Augustus niedergelegt. Drusus erhielt gemeinsam mit seinen Söhnen den Titel des Germanicus und es wurden ihm weitere Ehren zuteil: Statuen, ein Triumphbogen und ein Kenotaph am Ufer des Rheins"

Ovid

Horaz

Manilius

Strabo

Velleius Paterculus

Frontinius

Cornelius Tacitus

Suetonius

Florus

Ptolemaios

55,6,1-5 Darauf... unternahm er (Augusus) einen Feldzug gegen die Kelten. Er selbst blieb freilich im eigenen Gebiet; Tiberius überschritt den Rhein. Aus Furcht vor ihnen schickten die Barbaren mit Ausnahme der Sugambrer Gesandte mit Friedensangeboten, doch weder damals mit Erfolg – denn Augustus sagte, er werde sich ohne jene (die Sugambrer) auf keinen Vertragsabschluss einlassen – noch später. Denn es hatten auch die Sugambrer Gesandte geschickt, aber statt irgendwas zu erreichen, fanden sie alle, eine große Anzahl angesehener Männer, den Tod. Augustus hatte sie nämlich gefangen genommen und in einige Städte in Gewahrsam bringen lassen, wo sie aus Verzweiflung über ihr Geschick selbst Hand an sich legten. Daraufhin verhielten sie sich (die Sugambrer) einige Zeit lang ruhig, später vergalten sie den Römern das ihnen angetane Leid doppelt und dreifach.

Lokalisierung der Varusschlacht durch Cassius Dio

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55,9-10,2-3 Gleichzeitig gab es neue Ereignisse bei den Kelten. Domitius Ahenobarbus hatte früher, als er noch die Gebiete an der Donau verwaltete, die Hermunduren, die ihre Heimat aus mir unbekannten Grund verlassen hatten, und auf der Suche nach neuem Land umherirrten, unter seinen Schutz genommen und in einem Teil des Markomannengebiets angesiedelt. Und er hatte die Elbe, ohne dass ihm jemand entgegentrat, überschritten. Freundschaftsverträge mit den dortigen Barbaren geschlossen und an dem Strom einen Altar für Augustus errichtet. Jetzt aber war er an den Rhein gekommen, und als er einige vertriebene Cherusker durch Vermittlung anderer in ihre Heimat zurückführen wollte, hatte er dabei keinen Erfolg und bewirkte so, dass auch die anderen Barbaren sie verachteten. Mehr wurde in diesem Jahr nicht erreicht.

55,28,5-7 Während sich dies ereignete, zog gegen die Kelten neben anderen auch Tiberius zu Felde. Er rückte bis zu dem Strom, zuerst bis zur Weser, dann aber sogar bis zur Elbe vor. Freilich, irgendwas Erwähnenswertes wurde damals nicht erreicht, obgleich nicht nur Augustus sondern auch Tiberius, daraufhin den Imperatortitel annahmen und Gaius Sentius Saturninus, der Statthalter von Germanien, nicht nur einmal, sondern sogar zum zweiten Mal aus Furcht vor ihnen Verträge schlossen. Der Grund dafür aber, dass ihnen, obgleich sie Vertragsbrüchig geworden waren, nach kurzer Zeit wieder Frieden gewährt wurde, bildeten die Vorgänge in Dalmatien und Pannonien, wo größere Unruhen ausgebrochen waren, die sofortiges Eingreifen erforderlich machten.

55,30,1 Als Tiberius davon erfuhr, verließ er, aus Besorgnis, sie würden nach Italien einfallen, das keltische Gebiet, ließ Messalinus vorausziehen und kam mit dem größten Teil der Armee bald selbst nach.

 

56,18,1-5-19,1 All diese Beschlüsse waren kaum angenommen worden, als eine furchtbare Nachricht aus Germanien kam, die sie zum Abbruch der Siegesfeiern zwang. Denn gerade zu jener Zeit war folgendes im Keltenland geschehen: Die Römer besaßen zwar einige Teile dieses Landes, doch kein zusammenhängendes Gebiet, sondern wie sie es gerade zufällig erobert hatten, deshalb berichtet auch die geschichtliche Überlieferung darüber nichts. Ihre Soldaten bezogen hier ihre Winterquartiere, Städte wurden gegründet, und die Barbaren passten sich ihrer Lebensweise an, besuchten die Märkte und hielten friedlich Zusammenkünfte ab. Freilich hatten sie auch nicht die Sitten ihrer Väter, ihre angeborene Wesensart, ihre unabhängige Lebensweise und die Macht ihrer Waffen vergessen. Solange sie also nur allmählich und auf behutsame Weise hierin umlernten, fiel ihnen der Wechsel ihrer Lebensweise nicht schwer, ja sie fühlten die Veränderung nicht einmal. Als aber Quintilius Varus den Oberbefehl über Germanien übernahm und sie zu rasch umformen wollte, indem er ihre Verhältnisse Kraft seiner Amtsgewalt regelte, ihnen auch sonst wie Unterworfenen Vorschriften machte und insbesondere von ihnen wie von Untertanen Tribut eintrieb, da hatte ihre Geduld ein Ende. Die Anführer versuchten sich wieder der früheren Herrschaft zu bemächtigen, und das Volk wollte lieber den altgewohnten Zustand als die fremde Tyrannei. Eine offene Empörung vermieden sie zwar, weil sie die große Zahl der Römer sowohl am Rhein als auch im Innern ihres eigenen Landes sahen. Vielmehr empfingen sie Varus, als ob sie all seine Forderungen erfüllen wollten, und lockten ihn so weit vom Rhein weg in das Gebiet der Cherusker und zur Weser. Auch hier verhielten sie sich so friedlich und freundschaftlich, dass sie ihn zu dem Glauben verleiteten, sie würden auch ohne militärischen Zwang die Knechtschaft ertragen. Daher hielt er auch seine Legionen nicht, wie es doch in Feindesland angebracht gewesen wäre, zusammen, sondern stellte zahlreiche Mannschaften zur Verfügung, wenn sie, weil sie selbst zu schwach seien, ihn darum zum Schutz gewisser Landesteile, zur Ergreifung von Räubern oder zum Geleit von Lebensmittelfuhren ersuchten. Die eigentlichen Häupter der Verschwörung und Anstifter des Anschlages und des Krieges waren aber vor allem Arminius und Segimerus, die ihn ständig begleiteten und oft auch seine Tischgäste waren. Als er nun voll Selbstvertrauen war, nichts Böses erwartete und allen, die die Vorgänge mit Misstrauen betrachteten und ihn zur Vorsicht mahnten, nicht nur keinen Glauben schenkte, sondern sie sogar zurechtwies, weil sie sich grundlos beunruhigten und jene Männer verleumdeten, da erhoben sich als erste einige entfernt von ihm wohnende, und zwar nach abgesprochenem Plan, damit Varus, wenn er gegen diese zöge, auf dem Marsche leichter überrumpelt werden könne, da er ja durch Freundesland zu ziehen glaubte, und damit er nicht, wie bei einem plötzlichen allgemeinen Losschlagen, besondere Sicherheitsvorkehrungen treffe. Und so geschah es; sie begleiteten ihn beim Aufbruch, blieben dann aber zurück, um, wie sie sagten, die Streitkräfte der Bundesgenossen zusammenzuziehen und ihm so schnell wie möglich zu Hilfe zu kommen, übernahmen ihre Truppen, die irgendwo bereit standen, ließen die bei ihnen jeweils stationierten und vorher angeforderten Soldaten umbringen und zogen nun gegen ihn, als er schon in schwer passierbare Gebirgswälder geraten war. Und kaum hatte es sich herausgestellt, dass sie Feinde statt Unterworfene waren, da richteten sie auch schon unermessliches Unheil an.

56,20,1-5 Das Gebirge war nämlich reich an Schluchten und uneben, die Bäume standen dicht und überhoch gewachsen, so dass die Römer schon vor dem feindlichen Überfall mit dem Fällen der Bäume, dem Bauen von Wegen und Brücken, wo es sich erforderlich machte, große Mühe hatten. Sie führten auch viele Wagen und Lasttiere mit sich, wie mitten im Frieden. Dazu folgten ihnen nicht wenige Kinder und Frauen sowie der übrige riesige Tross, so dass sie schon deshalb weit auseinander gezogen marschieren mussten. Gleichzeitig brachen noch heftiger Regen und Sturm los und zersprengten sie noch mehr; der Boden, um die Wurzeln und unten um die Baumstämme herum schlüpfrig geworden, machte jeden Schritt für sie zu einer Gefahr, und abbrechende und herabstürzende Baumkronen schufen ein großes Durcheinander. Während sich die Römer in einer derart verzweifelten Lage befanden, kreisten sie die Barbaren, die ja alle Schleichwege kannten und unvermutet selbst aus den dichtesten Wäldern hervorkamen, von allen Seiten zugleich ein. Anfangs schossen sie nur von weitem, dann aber, als sich keiner wehrte und viele verwundet wurden, begannen sie den Nahkampf. Denn da sie nicht irgendwie geordnet, vielmehr mitten zwischen den Wagen und dem unbewaffneten Tross marschierten, sich auch nicht so leicht zusammenschließen konnten und so den immer wieder angreifenden Feinden jeweils an Zahl unterlegen waren, erlitten sie viele Verluste, ohne selbst dagegen irgend etwas auszurichten. Sobald sie einen geeigneten Platz gefunden hatten, soweit dies in einem Waldgebirge überhaupt möglich war, schlugen sie dort ein Lager auf, dann verbrannten sie die Mehrzahl der Wagen und alles andere, was sie nicht unbedingt brauchten, oder ließen es zurück, brachen dann am anderen Morgen in etwas besserer Ordnung auf, so dass sie bis zu einer Lichtung kamen; doch war ihr Abzug nicht ohne blutige Verluste geblieben. Von dort brachen sie erneut auf und gerieten wieder in die Wälder, wehrten sich zwar gegen ihre Angreifer, doch brachte gerade dies ihnen die Verluste; denn wenn sich auf dem engen Raum Reiter und Fußsoldaten zusammenschlossen, um sie gemeinsam anzugreifen, kamen sie zu Fall, weil sie entweder über einander oder auch über die Baumwurzeln stolperten. So brach der vierte Tag ihres Marsches an, als erneut ein starker Regen und ein furchtbarer Sturm sie überfielen, so dass sie weder vorwärts kommen noch fest auf der Stelle stehen, ja nicht einmal ihre Waffen gebrauchen konnten. Denn Pfeile, Wurfspieße, sogar auch die Schilde waren, da alles völlig durchnässt war, kaum zu benutzen. Die Feinde dagegen, die größtenteils leicht bewaffnet waren und ohne Gefahr die Möglichkeit zum Angriff und Rückzug hatten, traf das weniger. Dazu konnten sie, da ihre Zahl sich stark vergrößert hatte - denn von den übrigen, die vorher noch vorsichtig gewesen waren, eilten viele herbei, hauptsächlich um Beute zu machen -, jene, deren Zahl sich bereits verringert hatte - denn viele waren in den vorhergehenden Kämpfen gefallen -, leichter umzingeln und niederhauen. Da entschlossen sich Varus und die übrigen hohen Offiziere aus Furcht, lebendig gefangen oder gar von ihren unerbittertsten Feinden umgebracht zu werden, zumal sie bereits verwundet waren, zu einer furchtbaren, aber notwendigen Tat: sie töteten sich selbst. Als dies bekannt wurde, da gab auch jeder andere, selbst wenn er noch bei Kräften war, seinen Widerstand auf. Die einen folgten dem Beispiel ihres Feldherrn, die anderen warfen ihre Waffen weg und ließen sich von dem ersten besten töten, denn an Flucht war überhaupt nicht zu denken, selbst wenn man es noch so gern gewollt hätte. So wurde denn ohne eigene Gefahr alles niedergemetzelt, Mann und Ross, und ..(.Hier weißt der Text eine Lücke auf)*** Und die Barbaren erstürmten sämtliche Kastelle außer einem; dieses aber hielt sie so lange auf, dass sie weder den Rhein überschritten noch nach Gallien einfielen. Vielmehr konnten sie nicht einmal dieses in ihre Gewalt bringen, da sie sich nicht auf die Belagerung verstanden und zudem die Römer zahlreiche Bogenschützen hatten, von denen sie unter sehr starken Verlusten zurückgedrängt wurden. Als sie dann die Nachricht erhielten, dass die Römer am Rhein Wache hielten und dass Tiberius mit einem starken Heer im Anmarsch sei, ließen die meisten vom Kastell ab; die Zurückgebliebenen entfernten sich etwas von ihm, um nicht durch plötzliche Ausfälle der Besatzung Schaden zu erleiden, und behielten die Anmarschwege scharf im Auge, in der Hoffnung, durch Lebensmittelknappheit die Übergabe zu erzwingen. Die römische Besatzung aber harrte aus, solange sie genügend Proviant hatte, und hoffte auf Entsatz. Als ihnen aber niemand zu Hilfe kam und der Hunger sie quälte, warteten sie eine stürmische Nacht ab und zogen ab. Es waren wenige Soldaten, viele ohne Waffen. Und...... sie kamen auch an deren erstem und zweiten Wachtposten vorbei; als sie sich aber dem dritten näherten, wurden sie bemerkt, da die Frauen und Kinder aus Erschöpfung und Angst und wegen der Dunkelheit und Kälte andauernd die Männer zurückriefen. Und sie wären alle zugrunde gegangen oder auch in Gefangenschaft geraten, wenn sich die Barbaren nicht zu sehr mit dem Erraffen der Beute aufgehalten hätten. Denn so gewannen die Stärksten einen großen Vorsprung, und indem die Trompeter, die bei ihnen waren, das bei schnellem Marsch übliche Signal bliesen, erweckten sie beim Feinde den Glauben, dass sie von Asprenas geschickt seien. Daher ließen diese von der Verfolgung ab, und als Asprenas von dem Vorfall hörte, kam er ihnen tatsächlich zu Hilfe. Später kamen auch einige Gefangene zurück, die von ihren Verwandten losgekauft worden waren; doch war ihnen dies nur unter der Bedingung gestattet worden, dass sie außerhalb Italiens blieben.

56/23-24 Auf die Nachricht von dem Missgeschick des Varus, hin zerriss Augustus sein Gewand, und war tief bekümmert über die Verluste an Menschenleben, und voller Besorgnis wegen der gallischen und germanischen Provinzen. Vor allen Dingen aber glaubte er Italien und Rom selbst bedroht. War doch hier keine nennenswerte waffenfähige Mannschaft mehr vorhanden, und die Bundesgenossen, die nur irgend zu brauchen waren, hatten auch sehr gelitten. Trotzdem traf Augustus alle Vorkehrungen, die bei der gegenwärtigen Lage der Dinge möglich waren. Weil sich keiner der Kriegspflichtigen ausheben lassen wollte, wurde von den noch nicht über 35 Jahre alten Leute regelmäßig der fünfte, und von den älteren der zehnte Mann ausgelost, und durch Konfiskation des Vermögens und Entziehung des römischen Bürgerrechte bestraft. Als sich schließlich auch so noch sehr viele ihrer Pflicht entziehen wollten, ließ er einige sogar hinrichten. Danach hob er aus der Zahl der entlassenen Veteranen und Freigelassenen, möglichst viele durchs Los aus ,und ließ sie sofort in Eilmärschen unter Tiberius nach Germanien abgehen. Die vielen Gallier und Germanen, die in Rom teils als Privatleute ansässig waren, teils in einer Leibwache dienten, wiese er aus Furcht vor einem Aufstand aus; letztere wurden auf einige Inseln deportiert, erstere mussten Rom unbewaffnet verlassen. Das waren die Maßnahmen, die der Kaiser damals traf. Von alledem was sonst üblich war, geschah nichts; auch die Feste wurden nicht gefeiert. Die Kunde jedoch, dass ein Teil des Heeres mit dem Leben davon gekommen, dass Germanien von römischen Truppen besetzt sei, und das sich der Feind nicht bis zum Rhein vorgewagt habe, ließ den Kaiser wieder aufatmen und gab ihm seine ruhige Überlegung wieder. Das Unglück aber, dass in solcher Schwere und so plötzlich über Rom hereingebrochen war, glaubte er auf den besonderen Zorn einer Gottheit zurückführen zu müssen. In dieser Vermutung bestärkten ihn ganz augenfällig die Wunderzeichen vor und nach der Niederlage des Varus. In den Tempel des Mars auf dem Marsfelde war der Blitz gefahren. Heuschreckenschwärme, die bis in die Stadt selbst hinein flogen, waren von Schwalben gefressen worden, es hatte geschienen als ob die Alpengipfel aneinander stießen und drei Feuersäulen dabei aufstiegen; an vielen Stellen schien der Himmel zu brennen; Speere sah man von Norden her aufs römische Lager zufliegen; Bienen bauten Waben an den Altären im Lager, und eine Statue der Siegesgöttin auf germanischen Boden, die ihr Angesicht dem feindlichen Lande zukehrte, drehte sich nach Italien um. Auch kam es einmal unter den Soldaten um die Legionsadler im Lager, gleich als sei der Feind eingedrungen, zu einem recht unnützen Kampf und Streit.

56,24,6 Tiberius zog es vor, nicht über den Rhein zu gehen, sondern verhielt sich ruhig und gab darauf acht, dass die Barbaren das nicht taten. Aber auch sie wagten nicht den Übergang, da sie von seinen Anwesenheit wussten.

56,25,2-3 In dem Jahr als Marcus Aemilius und Statilius Taurus Konsuln waren, fielen Tiberius und Germanicus- letzterer als Prokonsul- in keltisches Gebiet ein und durchstreiften einen Teil desselben, jedoch siegten sie weder in einer Schlacht- denn es ließ sich keiner mit ihnen ein- noch unterwarfen sie irgendeinen Stamm. Denn aus Furcht, sich wiederum einem Unglück auszusetzen, entfernten sie sich nicht weit vom Rhein, sondern blieben dort in der Gegend bis in den Herbst hinein, feierten das Geburtstagsfest des Augustus mit einem Pferderennen, das die Centurionen veranstalteten, und gingen dann zurück.

57,18,1 Germanicus noch immer in Sorge vor einer neuen Empörung, zog mit den Soldaten in Feindesland und hielt sich dort länger auf, weil er ihnen Beschäftigung und zugleich reichlichen Proviant auf fremde Kosten geben konnte. Germanicus drang auf seinem Feldzug gegen die Kelten erfolgreich bis an den Ozean vor, errang über die Barbaren einen überwältigenden Sieg, ließ die Gebeine der unter Varus Gefallenen sammeln und bestatten und erlangte auch die verlorenen Feldzeichen wieder.

 

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