Grundsätzliche Widersprüche zur Kalkriesetheorie
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Eine erste Unvereinbarkeit der
Theorie dass Kalkriese der Ort der Varusschlacht sein soll ist, dass Varus beim
Rückmarsch zu den Winterlagern von der Weser
kommend, einen großen Umweg
durch die Niewedder Senke einkalkulierte, um einen Aufstand aufsässiger Germanen irgendwo
jenseits des nördlichen Osnings, in weitgehend unbekannten Territorium niederzuschlagen. Neben der schon angesprochenen
Unwahrscheinlichkeit eines
Weserlagers,
gelten auch hier die Fragen nach dem militärisch und politisch nachvollziehbaren
Sinn eines derartigen Unternehmens. Es scheint schon im Prinzip
undenkbar, dass sich Varus mit seinen drei Legionen, den zusätzlichen Kohorten
nebst Hilfstruppen, inklusive eines relativ unbeweglichen Trosses, mit
allerlei hinderlichen Bestandteilen wie den zivilen Angehörigen, auf so
einen beschwerlichen Marsch begeben würde, nur um eine begrenzte
Rebellion abseits des seinerzeitigen römischen Interessengebietes niederzuschlagen.
Wohin sollte Varus ziehen?
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Die Niewedder Senke
während der Römertage 2007
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Kalkriese selbst wäre nach der Quellenlage
nicht das Aufstandsgebiet welches die Varuslegionen erreichen wollten (Anm.3),
sondern dieser Ort hätte demnach über Kalkriese hinaus, nach der Zugrichtung der
Legionen zu urteilen, im Emsgebiet bei den
Brukterern liegen müssen. Dieser Germanenstamm hatte aber durch vorhergehende Kriege
durch die Römer seine Souveränität verloren und galt als besiegt und
unterworfen. Die Brukterer hätten bei einer Auflehnung gegen die
römische Herrschaft sicherlich nicht die Heerstärke, die ein Vorgehen
mit drei schwer bewaffneten Legionen erforderlich machte. Der Umweg den
Varus eingeplant haben soll,
bedeutete eine
Marschstrecke von mindestens 180 Kilometern Länge, vom angenommenen
Weserlager über Kalkriese bis zum nächsten festen Stützpunkt der Römer
an der Lippe (Anreppen,
Haltern) oder am Rhein
(Vetera). Und dieser Marsch hätte über
unbefestigte Wege, bergiges Gelände und nicht überbrückte Bäche und Flüsse führen müssen. Rechnet man die Zeit dazu die Varus mit seinen Legionen gebraucht hätte
um den Aufstand niederzuschlagen, dann hätte das Varusheer für diese
Expedition Verpflegung für mindestes dreißig Tage (eher beträchtlich mehr) mitführen
müssen, denn ein Nachschub wäre von dem aufgelassenen Weserlager her
nicht mehr möglich gewesen . Dieses Faktum bedeutete, dass das Römerheer
mindestens 1200 Tonnen an Nahrung mitführen musste um sich während des Zeitraumes
dieses Feldzuges zu versorgen, denn eine Versorgung durch einheimische
Ressourcen war nicht gewährleistet. Ein derartiges Vorgehen widersprach
sämtlichen Vorgehensweisen der Römer bei vergleichbaren Situationen. So
hätten doch gerade in diesem Falle auch kleinere bewegliche Truppenkontingente
diesen Aufstand niederschlagen, oder sich zumindest zuerst einen
Überblick über die Lage im Krisengebiet verschaffen können, bevor sich Varus inklusive des schwerfälligen
Anhanges planlos auf einen Marsch ins
Ungewisse aufmachte. Schon unter diesen Gesichtspunkten allein rückt die Theorie
des Marsches der Varusarmee über Kalkriese in weite Ferne.
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Gleichfalls ist eine Weiterführung des römischen Vorstoßes in Richtung
der Ems, trotz frühzeitiger germanischer Attacken, nicht
nachzuvollziehen. Denn sollten die Römer schon direkt nach dem Verlassen
des Weserlagers in erste Konflikte mit den Germanen geraten sein, so gab
es dann keinen Grund mehr für Varus den Marsch fortzusetzen da er hier
einen Aufstand hatte den er schon frühzeitig bekämpfen musste. Somit wäre die
entfernter gelegene Rebellion
zu der er eigentlich vordringen wollte, nebensächlich geworden. Der römische
Oberbefehlshaber und seine Entscheidungsträger konnten doch nicht ernsthaft die ersten Angriffe ignoriert haben, und einfach weiter in Gebiete ziehen
in denen er vermutlich weiteren massierten Attacken der Germanen
ausgesetzt wäre. Auch bot sich für die Armee des Varus nach der
Durchquerung des Kalkrieser Engpasses kein römischer Stützpunkt als rettendes
Ziel, welches sich in annehmbarer Zufluchtentfernung befunden hätte. Zudem wäre ein Angriff im Gebiet der
Cherusker, und das Gebiet zwischen
Minden und Kalkriese zählte zu diesem Territorium, ein Grund gewesen den
römischen Vorstoß unverzüglich abzubrechen, denn diese ersten Attacken hätten sofort das
Misstrauen der römischen Führung gegenüber den Cheruskern selbst hervorgerufen. Denn im Vorfeld des Varusmarsches gab es schon Warnungen von Segestes über einen
bevorstehenden Angriff (Vell.Hist.118/4,
Flor.Ep.33,
Tac.Ann.I 58,
Cass.56.19). Die Römer hätten beim ersten feindlichen
Kontakt im Gebiet der Cherusker konsequent direkte Gegenmaßnahmen in Form eines
geordneten
Rückzuges eingeleitet.
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